Zürcher Landschaften durch Windturbinen bedroht

    Ist die Schweiz für die Nutzung der Windenergie generell wenig geeignet, so ist das Potential im Kanton Zürich selbst im landesweiten Vergleich gering. Trotzdem sollen nun auch in Zürich im kantonalen Richtplan Standorte für Wind-Industriegebiete festgelegt werden. Auch wenn noch keine konkreten Standorte feststehen, formiert sich – wie an anderen Orten in der Schweiz – bereits Widerstand. Der Verein Freie Landschaft Zürich hat erste Visualisierungen für einige der möglichen Standorte erstellt.

    (Bild: zVg) Beeinträchtigung der Landschaft und Gefahr für Vögel und Fledermäuse: Visualisierung von Windrädern mit Blick auf den Zürichsee.

    Wie die kantonale Baudirektion im November 2020 bestätigt hat, droht nun auch im Kanton Zürich der Bau riesiger industrieller Windturbinen, und im kantonalen Richtplan sollen Standorte für solche Turbinen aufgenommen werden. Unter den möglichen Standorten finden sich landschaftliche Wahrzeichen und vielgenutzte Erholungsgebiete für die Bevölkerung sowie Schutzgebiete, die im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) eingetragen sind, wie die Albiskette oder der Pfannenstiel. Erste Visualisierungen, welche der Verein Freie Landschaft Zürich erstellen liess zeigen, welche landschaftlichen Auswirkungen dies hätte.

    Aber nicht nur die landschaftlichen Auswirkungen sind verheerend, auch in anderen Bereichen führt die vorgeblich «saubere» Windenergie zu zahlreichen Beeinträchtigungen von Mensch und Natur:

    Gesundheit und Wohlbefinden der Bevölkerung werden bei drehenden Rotoren durch den stroboskopartigen Schattenwurf sowie durch Lärm- und Infraschallemissionen beeinträchtigt, was zahlreiche Berichte von Betroffenen bestätigen.

    Windturbinen führen zu einer Entwertung von Immobilien in ihrem Umkreis. Im Ausland bestätigen dies verschiedene Studien. Solche Entwertungen wurden schon gerichtlich festgestellt und Banken warnen explizit vor diesem Risiko.

    Die drehenden Rotoren erschlagen Störche, Greifvögel und Fledermäuse. Gemäss BirdLife sind Windturbinen in den USA bereits heute die häufigste Todesursache für Steinadler, und auch im Schweizer Jura wurde 2021 ein erster Steinadler von einer Windturbine erschlagen.

    Nicht nur die gigantischen Betonfundamente, sondern auch die für Bau und Wartung benötigten schwerlastfähigen Zufahrtstrassen führen zu einer weiteren Versiegelung von Naturböden.

    Weitere ökologische Auswirkungen resultieren aus den für den Bau benötigten Rohstoffen. Dies sind zum Beispiel die seltenen Erden (mehrheitlich in China abgebaut), welche die Abbaugebiete unter anderem mit radioaktivem Abraum belasten, und das für die Rotorblätter vieler Typen benötigte Balsaholz aus Regenwäldern. Schliesslich werden auch grosse Mengen Zement benötigt, wobei die Zementherstellung massiven CO2-Ausstoss verursacht.

    Güterabwägung spricht gegen Windkraft
    Einige der gegen Windturbinen vorgebrachten Einwände können zweifellos auch gegen andere Infrastrukturbauten vorgebracht werden. Gleichzeitig ist es eine Tatsache, dass unsere heutige Lebensweise und die Bevölkerungsdichte Infrastrukturbauten unvermeidlich machen, welche Natur und Landschaft beeinträchtigen. Man sollte dabei aber immer die negativen Auswirkungen ins Verhältnis zum effektiven Nutzen setzen. 

    Auch eine Staumauer ist keine Augenweide, sie sorgt aber für eine signifikante und zuverlässige Stromproduktion, während Windturbinen bei den hiesigen Windverhältnissen nur wenig und äusserst unzuverlässig Strom produzieren und dabei die Landschaft viel weiträumiger verschandeln als die Wehre und Staumauern, welche über 60 Prozent unseres Strombedarfs produzieren können.

    Eine Windturbine im Schweizer Mittelland wird etwa 6.4 GWh Strom jährlich produzieren. Dies ist ein Zwanzigstel (5 Prozent) der Jahresproduktion der Kehrrichtverbrennungsanlage Hagenholz bzw. ein Fünfzigstel (2 Prozent) jener des Laufkraftwerkes Rheinfelden, wie nachstehendes Diagramm veranschaulicht:

    (Grafik: zVg)

    Landesweit rechnet die Axpo damit, dass bis 2050 1 bis 2 TWh jährlich mit Windstrom produziert werden können. Dies entspräche 1.5 bis 3 Prozent der landesweiten Stromproduktion 2020, ein vernachlässigbarer Beitrag, der die massiven Auswirkungen nicht zu rechtfertigen vermag.

    Kanton Zürich ist für Windkraft­nutzung ungeeignet
    Die Baudirektion des Kantons Zürich schreibt in ihrer Publikation «Lokale Energiequellen» wörtlich: «Im Gegensatz zum Jura und zu den Alpen finden sich im Kanton Zürich wenige Standorte für eine wirtschaftliche Windkraftnutzung. Daher ist das technisch-ökologische Potenzial gering.»

    Daneben ist Zürich aber auch der Kanton mit der landesweit dritthöchsten Bevölkerungsdichte (nach Genf und Basel-Stadt), womit die Auswirkungen auf die Bevölkerung noch schwerer wiegen würden als andernorts. Die hohe Besiedlungsdichte macht es auch besonders wichtig, die wenigen naturnahen Erholungsgebiete zu erhalten, welche für die Bevölkerung der Ballungszentren auch mit dem öffentlichen Verkehr gut erreichbar sind.

    Umgekehrt existieren im dicht bebauten Kanton Zürich auf bereits bestehender Infrastruktur Flächen im Überfluss, auf denen sich Photovoltaik ohne zusätzlichen Bodenverbrauch installieren lässt. Photovoltaik produziert kostengünstiger Strom und könnte selbst im Winter mehr Strom produzieren als die Windkraft, bei weit geringeren negativen Auswirkungen.

    (Bilder: zVg) Der Uetliberg von Stadt Zürich aus gesehen: Links die heutige Sicht, rechts mit visualisierten Windrädern.

    Schliesslich trägt der Kanton Zürich bereits heute hohe Lasten für das ganze Land. So steht hier der internationale Flughafen und entsprechend konzentriert sich hier der gesamte Fluglärm. Durch den Kanton Zürich führen zahlreiche Verkehrsachsen von landesweiter Bedeutung. Auch zwei von drei Standort-Kandidaten für ein Tiefenlager für hochradioaktive Abfälle liegen im Kanton Zürich, und es erscheint gut möglich, dass ein solches Tiefenlager auf Kantonsgebiet zu stehen kommt. Falls in der Schweiz überhaupt weitere Windturbinen errichtet werden sollen, spricht daher auch der Aspekt eines fairen Lastenausgleichs dagegen, dies auf dem Gebiet des Kantons Zürich zu tun.

    Windindustriezonen sind unsozial
    Aufgrund der schwachen Windverhältnisse können Windturbinen im Kanton Zürich nicht wirtschaftlich betrieben werden. Profit ist nur aufgrund massiver Subventionen möglich. Während diese Subventionen in die Taschen der Windindustrie (mehrheitlich internationale Grosskonzerne), der Betreiber und der wenigen Landeigentümer fliessen, wird die betroffene Bevölkerung die negativen Auswirkungen tragen müssen.

    Dies betrifft die Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden sowie die aus der verringerten Standortattraktivität resultierende Entwertung von Immobilien in der Nähe von Windturbinen. Für die Besitzerinnen und Besitzer betroffener Wohnliegenschaften, häufig Menschen, die ein Leben lang für ein Eigenheim gespart haben, wird dies bedeuten, dass sie ihren Lebensabend im Schatten und unter der Lärmbelastung von Windturbinen in ihrer dannzumal nur noch deutlich unter dem ursprünglichen Wert zu verkaufenden Liegenschaften werden verbringen müssen. Nicht auszuschliessen ist auch, dass die Banken in solchen Fällen wegen des gesunkenen Immobilienwertes eine Erhöhung der Eigenmittel fordern, womit auf die Besitzer noch zusätzliche finanzielle Schwierigkeiten zukommen.

    Die Entwertung von nahe gelegenem Erholungsraum und liebgewonnener Lebensumgebung trifft verstärkt Menschen in wirtschaftlich schwachen Verhältnissen, für welche es viel schwerer sein wird, sich diesen Auswirkungen durch Wohnortswechsel zu entziehen. Menschen, die in bescheideneren Vermögensverhältnissen leben, können es sich zudem nicht leisten ihre Ferien und Freizeit an irgendwelchen mondänen Orten rund um den Globus zu verbringen und sind umso mehr auf den Erhalt attraktiver Erholungsräume für kostengünstige Freizeitaktivitäten in der Nähe angewiesen. 

    Martin Maletinsky 

    www.fl-zh.ch


    Zur Person: Martin Maletinsky ist Präsident des Vereins Freie Landschaft Zürich und Informatik-Ingenieur. Er hat an der ETH Zürich Mathematik studiert. Ausserdem ist er Präsident des Vereins IG Seebecken Seilbahnfrei. 

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